Atemtraining umfasst verschiedene Methoden und Techniken, die darauf abzielen, unser Atemmuster bewusst zu beeinflussen und zu optimieren.
Viele Menschen atmen ohne es zu wissen dysfunktional – zu schnell, zu flach oder durch den Mund – was zu einer chronischen Hyperventilation führen kann.
Diese Fehlatmung steht in Verbindung mit zahlreichen gesundheitlichen Beschwerden wie Asthma, Allergien, Schlafstörungen und sogar Angstzuständen.
Atemtraining bietet einen natürlichen Ansatz, um diese Muster zu korrigieren und die Gesundheit auf verschiedenen Ebenen zu verbessern.
Die Buteyko-Methode, entwickelt vom russischen Arzt Konstantin Buteyko, konzentriert sich speziell auf die Reduzierung der Atemfrequenz und des Atemvolumens. Im Gegensatz zu weit verbreiteten Annahmen lehrt Buteyko, dass weniger und sanfteres Atmen gesünder ist als tiefes, forciertes Atmen.
Die Methode umfasst Übungen wie kontrollierte Atempausen und Nasenatmung, die darauf abzielen, den Kohlendioxidspiegel im Blut zu normalisieren.
Durch regelmäßiges Üben lernen Praktizierende, ihre Atmung zu verlangsamen und zu vertiefen, wodurch das natürliche Gleichgewicht des Körpers wiederhergestellt wird.

Die Wiederherstellung gesunder Atemmuster kann bemerkenswerte gesundheitliche Vorteile bieten.
Zu den am häufigsten berichteten Verbesserungen gehören eine Reduzierung von Asthmasymptomen, verringerter Bedarf an Medikamenten, verbesserte Energieniveaus und besserer Schlaf. Die Methode kann auch die Sauerstoffversorgung des Gewebes optimieren – paradoxerweise durch weniger Atmen.
Dies geschieht durch den Bohr-Effekt, bei dem ein ausgewogener CO₂-Spiegel die Sauerstoffabgabe im Gewebe verbessert.
Zudem unterstützt die kontrollierte Atmung die Funktion des Immunsystems und kann Entzündungsreaktionen im Körper reduzieren.
Im Gegensatz zu den beruhigenden Eigenschaften der Buteyko-Methode bieten aktivierende Atemtechniken wie Wim-Hof-Atmung oder Kapalabhati andere wertvolle Vorteile. Diese Methoden nutzen intensivere Atemzüge, um den Körper kurzfristig zu stimulieren, die Energieproduktion anzukurbeln und mentale Klarheit zu fördern. Sie können die körperliche Leistungsfähigkeit steigern, das Immunsystem stärken und bei regelmäßiger Anwendung die Stressresistenz erhöhen.
Solche aktivierenden Atemübungen eignen sich besonders gut für Momente, in denen wir zusätzliche Energie und Fokus benötigen, sollten jedoch in Balance mit ruhigeren Atemtechniken praktiziert werden. Diese Methoden sind allerdings nur für gesunde Menschen zu empfehlen!
Ein besonders faszinierender Aspekt des Atemtrainings ist seine direkte Wirkung auf unser Nervensystem.
Die Atmung ist die einzige autonome Körperfunktion, die wir bewusst steuern können, wodurch sie eine Brücke zwischen Bewusstsein und unbewussten Körperprozessen bildet. Langsame, tiefe Atmung aktiviert den Parasympathikus, unseren "Ruhe-und-Verdauungs"-Modus, und senkt Stresshormone wie Cortisol.
Schnellere, kontrollierte Atemtechniken können hingegen den Sympathikus stimulieren und uns in Momenten aktivieren, in denen wir Energie benötigen.
Durch bewusstes Atemtraining lernen wir, diese Systeme zu regulieren und zwischen Aktivierung und Entspannung zu wechseln – eine wertvolle Fähigkeit in unserer oft hektischen und stressigen Welt.
Wie man ungünstige Atemmuster erkennt
Nach der Buteyko-Methode lassen sich ungünstige Atemmuster primär an Anzeichen der Hyperventilation erkennen.
Zu diesen Anzeichen gehören sichtbares Mund- oder Brustkorb-Atmen, häufiges Seufzen oder Gähnen, hörbare Atmung in Ruhe und unregelmäßige Atemmuster.
Menschen mit ungünstigen Atemmustern zeigen oft eine erhöhte Atemfrequenz (über 12-14 Atemzüge pro Minute im Ruhezustand) und ein größeres Atemvolumen als nötig. Buteyko entwickelte auch einen einfachen Selbsttest, die Kontrollpause (KP), bei dem nach normalem Ausatmen die Zeit gemessen wird, bis der erste Atemimpuls auftritt. Werte unter 25 Sekunden deuten auf ein ungünstiges Atemmuster hin.
Bei der Bewertung der Atemmechanik wird auf die Beteiligung verschiedener Muskelgruppen und die Bewegungsmuster während der Atmung geachtet.
Eine optimale Atmung sollte hauptsächlich durch das Zwerchfell erfolgen, mit einer leichten, entspannten Ausdehnung des Bauches beim Einatmen. Problematische Muster umfassen übermäßige Schulter- und obere Brustkorbbewegungen (apikale Atmung), paradoxe Atembewegungen (z.B. Einziehen des Bauches beim Einatmen) und übermäßige Muskelanspannung im Nacken-, Schulter- und Brustbereich.
Die Nasenatmung ist essenziell, da Mundatmung zu erhöhtem Luftvolumen und damit zur Hyperventilation führt.
Die Atemchemie wird hauptsächlich durch den CO₂-Gehalt im Körper bewertet. Bei chronischer Hyperventilation wird zu viel CO₂ ausgeatmet, was zu einem unausgewogenen Säure-Basen-Haushalt führt und die Sauerstoffabgabe ins Gewebe beeinträchtigt (Bohr-Effekt).
Dies kann durch die oben erwähnte Kontrollpause oder auch den CO₂ Toleranz-Test eingeschätzt werden, bei dem nach normalem Ausatmen die maximale Zeit bis zur Unmöglichkeit des Weiterhaltens gemessen wird.
Werte unter 20 Sekunden deuten auf eine gestörte Atemchemie hin. Weitere mögliche Anzeichen sind kalte Extremitäten, häufiges Räuspern, chronische Erschöpfung und verminderte Stressresistenz – alles Symptome, die Buteyko auf CO₂-Mangel zurückführt.
Unterschied zur klassischen Atemtherapie
Die klassische Atemtherapie und die von mir angewandten Methoden unterscheiden sich grundlegend in ihren Annahmen und Zielen.
Traditionelle Atemtherapieformen wie die nach Middendorf oder Schlaffhorst-Andersen fördern oft tiefes Atmen, bewusstes Ausschöpfen des Atemvolumens und eine Vergrößerung der Atemkapazität. Sie gehen typischerweise davon aus, dass tiefere Atmung zu mehr Sauerstoffaufnahme führt und daher gesundheitsfördernd ist.
Im direkten Gegensatz dazu steht die Buteyko-Methode, die chronische Hyperventilation als Hauptursache vieler Gesundheitsprobleme betrachtet.
Buteyko zielt darauf ab, das Atemvolumen zu reduzieren und die CO₂-Toleranz zu erhöhen - nicht die Atmung zu vertiefen.
Die Methode propagiert kontrollierte Atemreduktionsübungen und beständige Nasenatmung, um den CO₂-Spiegel im Blut zu optimieren, bzw. zu normalisieren.
Während klassische Atemtherapien oft sichtbare, spürbare Atembewegungen fördern, strebt Buteyko eine so leichte, ruhige (Ruhe-) Atmung an, dass sie kaum wahrnehmbar ist – das Konzept des “weniger ist mehr” steht im Mittelpunkt.